27.09.2011
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Schwarzes Gold Im Wald warten die Forscherauf Wunder
Schmallenberg. Weihnachtsbäume wachsen wie gemalt. Brache Kyrill-Flächen blühen wie von Geisterhand auf. Eine phantastische Vorstellung. Das Wunder vom Sauerland. So weit ist es noch nicht. Wissenschaftler vom Fraunhofer-Institut in Grafschaft arbeiten daran. Das Zauberwort heißt: Terra Preta, schwarze Erde auf Portugiesisch, fruchtbarer Humus-Boden.
Experimente in und mit der Natur brauchen Zeit. Nichts für ungeduldige Gemüter. Karlheinz Weinfurtner, Agrarwissenschaftler, 48 Jahre alt, strahlt die nötige Ruhe aus: „Für erste Ergebnisse ist es noch zu früh. Man braucht viel Geduld.“
Offiziell seit Oktober 2010, praktisch ab April 2011, wird auf einer Brachfläche in Schmallenberg-Schanze und einer Weihnachtsbaumkultur in Schmallenberg-Oberkirchen, „es geht um insgesamt vier Mal 200 Quadratmeter“, Terra Preta in den Boden eingearbeitet.
Die tiefschwarze Erde, euphorische Experten sprechen bereits vom schwarzen Gold, geht auf die Indios im Amazonasgebiet zurück. Bereits vor 7000 Jahren vermengten die Ureinwohner Brasiliens organische Abfälle mit Exkrementen von Mensch und Tier mit Holzkohle. Unter Sauerstoffabschluss gärte die Masse unter Mithilfe der Mikroorganismen vor sich hin und verwandelte sie in eine der fruchtbarsten aller Erden. Sie ernährt Pflanzen perfekt - ohne Dünger, ohne Pflanzenschutzmittel.
Warum? Terra Preta speichert Wasser und Nährstoffe, der Phosphor- und Stickstoffgehalt liegt fünfmal höher als im normalen Boden - und enthält zehn bis zwanzig Prozent mehr Humus. Zum Vergleich: gute Ackerböden kommen auf drei Prozent Humus, Gärten selten über fünf Prozent.
Wissenschaftler in Deutschland frohlocken, sprechen von einer schwarzen Revolution mit beeindruckenden Ergebnissen: rote Beete so groß wie ein Handball, Poree so dick wie Staubsaugerrohr, Zucchhinischeiben so groß wie Kuchenteller.
Unter Federführung des Bundesforschungsministeriums soll bis Ende 2014 die schwarze Revolution im Land voran getrieben werden.
Für insgesamt 2,5 Millionen Euro wird bis Ende 2014 mit Terra Preta die Rekultivierung schlechter durch den Braunkohleabbau belasteter Böden im Landkreis Oberspreewald-Lausitz erprobt und im Landkreis Teltow-Fläming verseuchtes Militärgelände entgiftet. Beide Projekte sind in Brandenburg.
Und eben in Schmallenberg. Weinfurtner: „Auf den Brachflächen von Kyrill wird der Humus schnell abgebaut und werden die Nährstoffe ausgewaschen. Das führt zu einem Rückgang der Fruchtbarkeit des Bodens und zu einem schwachen Aufwuchs.“
Von Terra Preta verspricht er sich eine Stabilisierung der Böden, eine Verbesserung der Anzuchtleistung neu gepflanzter Bäume. „Ob es funktioniert, wissen wir nicht. Die Voraussetzungen sind aber gut.“
Bei den Weihnachtsbaumkulturen mit Nordmanntannen liegt der Schwerpunkt auf dem Düngemanagement der Flächen. „Terra Preta gibt die Nährstoffe über einen längeren Zeitraum ab.“
Heute ist es seiner Einschätzung nach oft so, dass die Bäume am Anfang durch Überdüngung stärker wachsen, als es den Besitzern lieb ist. „Die Bäume mussten stark und gezielt zugeschnitten werden.“
Das ändert sich, vielleicht in vier, fünf Jahren. Hilfreich für ein Gelingen des Projekts ist die Aufgeschlossenheit der Forstwirtschaft. Mit Skepsis ist dem Wissenschaftler niemand begegnet. „Die Forstwirte neuen Entwicklungen aufgeschlossen gegenüber.“
Was kostet die Wundererde? Den Preis für eine Tonne Terra Preta beziffert Weinfurtner mit 100 Euro. Im heimischen Garten hat er Tomaten mit ihr angesetzt. Und? „Das war sehr wirkungsvoll.“
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